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Sortenschutz

Zum Umfang des Amtsermittlungspflicht des Gemeinschaftlichen Sortenamtes

|Gert Würtenberger|

Für ein neues Züchtungsergebnis kann nur dann seitens des zuständigen Amtes (in der Europäischen Union das Gemeinschaftliche Sortenamt – CPVO) ein Sortenschutzrecht erteilt werden, wenn das Züchtungsergebnis die sog. DUS – Voraussetzungen (distinctness, uniformity, stability) erfüllt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, wird im Rahmen einer technischen Prüfung ermittelt. Diese wird nach den erlassenen Prüfungsrichtlinien und den gegebenenfalls vom Amt ergänzenden Weisungen durchgeführt. In der Regel wird hierbei Pflanzenmaterial der Kandidatensorte mit anderen Sorten aus der Sortensammlung des jeweils ernannten Prüfungsamtes verglichen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Kandidatensorte und die zur technischen Prüfung herangezogenen Vergleichssorten unter den selben klimatischen und sonstigen Kulturbedingungen beobachtet werden. Bekanntlich beeinflussen die äußeren Kulturbedingungen wie klimatische Verhältnisse, Düngung, Bodenbeschaffenheit, Sonneneinstrahlung sowie andere äußere Einflüsse die Ausprägung der Merkmale der jeweils zu beobachtenden Pflanzen.

Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung über den gemeinschaftlichen Sortenschutz darf der Kandidatensorte nur für die Ausprägungen der schutzrelevanten Merkmale erteilt werden, soweit diese auf dem Genotyp oder einer Kombination von Genotypen beruhen. Um dies sicherzustellen, muss das Amt bei der Entscheidung, wo für bestimmte Gattungen von Pflanzen die Prüfung erfolgen soll, die klimatischen Verhältnisse des jeweils infrage kommenden Prüfstandortes berücksichtigen, sofern die technische Prüfung nicht im Labor oder unter Glas erfolgen kann. Insbesondere Obstarten werden unter Freilandbedingungen der technischen Prüfung unterzogen.

In dem hier vom allgemeinen Gericht der Europäischen Union zu entscheidenden Fall hatte die Anmelderin der Kandidatensorte vorgetragen, dass der für die Prüfung der Apfelmutation vorgesehene Prüfstandort aufgrund erheblicher klimatische Unterschiede zu der Region, in welcher die Kandidatensorte gezüchtet worden war, für die DUS-Prüfung ungeeignet sei. Die Kandidatensorte wurde unter klimatischen Bedingungen gezüchtet, welche in Kontinentaleuropa herrschen, während die klimatischen Bedingungen des Prüfstandortes vom Atlantik bestimmt werden. Im Verlauf der technischen Prüfung traten Hinweise in anderen Prüfungsverfahren auf, die ebenfalls darauf hinwiesen, dass gerade Apfelzüchtungen bestimmter Mutationsgruppen aus kontinentaleuropäischem Klima Schwierigkeiten haben, ihre in der Genetik angelegten sortentypischen Merkmale unter Bedingungen zu entwickeln, welche durch atlantisches Klima bestimmt werden.

In seiner Entscheidung hat das allgemeine Gericht festgestellt, dass die meteorologischen Bedingungen bei der ursprünglichen Entscheidung, alle Mutationen einer Mutantengruppe in Angers zu prüfen, berücksichtigt worden seien. Offen blieb, ob das Amt aufgrund seiner Kenntnisse aus anderen Prüfungsverfahren zu Kandidatensorte in der einschlägigen Mutantengruppe nicht die Amtspflicht gehabt hätte, besonders zu prüfen, ob nicht doch ein anderer Prüfungsstandort jedenfalls für die einschlägigen Mutantengruppe in Erwägung zu ziehen.

Da ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingelegte wurde, wird der EuGH Gelegenheit haben, diese Frage zu klären. Er wird der Frage nachzugehen haben, ob nicht der Amtsermittlungsgrundsatz in Erfüllung der Pflicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung das CPVO hätte veranlassen müssen zu prüfen, ob im Lichte der Erkenntnisse aus anderen Verfahren zu Kandidatensorte in der einschlägigen Mutantengruppe die Prüfung erneut an einem anderen Standort hätte durchgeführt werden müssen. Wohl in Kenntnis der Problematik des jeweiligen Standortes gerade bei der Apfelprüfung sieht der technischen Fragebogen inzwischen die Möglichkeit für den Anmelder vor, einen anderen Prüfort vorzuschlagen, als Alternativ zu dem Prüfungsort, der aufgrund einer allgemeinen Entscheidung des CPVO mit Zustimmung des Verwaltungsrates vorgesehen ist.